Essen ist kein Unterhaltungsmittel
Bad Münder. „Das hat er sehr eindrucksvoll dargestellt und gibt einem wirklich viel zu denken“, fasste ein Teilnehmer des zweiten Benefizessens der Münderschen Tafel den Vortrag des Ehrengastes Prof. Klaus Töpfer zusammen. Unter dem Motto „Tafeln für die Tafel“ hatten Gründer Hermann Wessling und der amtierende Leiter der Einrichtung, Dieter Hainer, gut 80 Gäste ins Berggasthaus Ziegenbuche geladen. Neben Bürgermeister Hartmut Büttner mit dabei auch die Landtagsabgeordnete Petra Joumaah, Landrat Tjark Bartels sowie zahlreiche Prominente aus Politik, Wirtschaft, Kirche und Kultur. Rund 11 Millionen Tonnen Lebensmittel würden derzeit in Deutschland pro Jahr vernichtet, so Tafel-Chef Hainer. In den bundesweit rund 900 Tafeln seien etwa 30000 ehrenamtliche Mitarbeiter engagiert. In Bad Münder erreiche das Tafelangebot durch die Arbeit von 30 Freiwilligen momentan rund 200 bedürftige Personen. „Unsere ältesten Helfer sind Irma und Peter Kaldenhoff“, so Hainer. Das Ehepaar ist Mitte 80 und hat nicht unerheblich zu den in 2012 geleisteten 11000 Arbeitsstunden beim Transportieren, Sortieren, Aufbereiten und Verteilen der Lebensmittel beigetragen. Mit dem ehemaligen Bundesumweltminister und späteren Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen Klaus Töpfer hatte Hermann Wessling einen ebenso renommierten wie kompetenten Gast gewinnen können – der sogar zwei Jahre in Bad Münder gelebt hat. Trotz des weltweiten Engagements des mittlerweile 75-Jährigen findet er einmal im Jahr den Weg zurück nach Bad Münder. „Zum Weihnachtsessen im Kastanienhof“, schmunzelte der Umweltexperte. Sein mit überaus einprägsamen Bildern und Beispielen gespickter Vortrag ließ niemanden kalt. „Heute ist es billiger den Abfall mit dem Taxi zum Klärwerk zu fahren, als die Kanäle zu unterhalten“, erklärte Töpfer. Und im Hinblick auf die mediale Kochshowwelle erklärte er: „Wir waren noch nie so wohlhabend, aber Lebensmittel sind keine Unterhaltungsmittel.“ Was an Diätmitteln weltweit ausgegeben werde, könne die Weltbevölkerung leicht satt machen, wir aber hielten trotzdem an unserem „extrem flächen-, wasser- und energieintensivem Essverhalten“ fest. Töpfers Mahnung: „Bei erwarteten neun Milliarden Menschen auf unserem Planeten im Jahr 2050 können wir uns keine Wegwerfgesellschaft mehr leisten, wenn wir zukunftsfähig bleiben wollen.“ In Europa werde die Bevölkerung immer weniger, wolle aber mehr Wachstum. „Was aber machen die, die immer mehr werden?“ Töpfers Rat: Nachhaltigkeit müsse das „Diktat der Kurzfristigkeit“ ersetzen. von christoph huppert